Dr. Maurice Jenaer ist der Begründer der Mikroimmuntherapie. Ausserdem ist er Autor zahlreicher Publikationen und Präsident des Internationalen Instituts für Mikroimmuntherapie. In dem folgenden Gespräch berichtet er über die Entwicklung der Mikroimmuntherapie von den späten 60er Jahren bis heute und zeigt die Zukunftsperspektiven des von ihm entwickelten Therapieansatzes auf.
Frage: Sie sind der Erfinder der Mikroimmuntherapie. Können Sie uns erläutern, wie Sie dazu kamen, diese Therapie zu entwickeln?
Dr. Jenaer: Tatsächlich waren es zwei Ereignisse, die mich zur Mikroimmuntherapie gebracht haben. Das erste Ereignis fand in den Jahren 1967-68 statt. Mit einem Mal wurde mir klar, dass DNA und RNA sublingual aufgenommen werden können, wenn sie nach homöopathischen Verdünnungsmethoden verabreicht werden. Einige Jahre später, in den 70er Jahren, konnte ich nachweisen, dass diese Eigenschaft auch für Zytokine galt, die somit sublingual und in infinitesimalen Konzentrationen verabreicht werden konnten. Auf dieser Grundlage begann ich die Entwicklung der Mikroimmuntherapie.
Frage: Warum war denn dieser Nachweis so wichtig?
Dr. Jenaer: Aus zweierlei Gründen: Einerseits sind Zytokine für den Organismus lebenswichtige Moleküle, und ihr risikofreier Einsatz eröffnet unbegrenzte Möglichkeiten. Wenn der Organismus angegriffen wird, sorgen die Zytokine für die Kommunikation zwischen den Abwehreinheiten des Immunsystems. Andererseits kann durch die sublinguale Verabreichung der Wirkstoffe über die Lymphknoten direkt in das Immunsystem eingegriffen werden. Trotzdem werden Zytokine in der klassischen Medizin heutzutage kaum eingesetzt, es sind nur 5 oder 6 der 130 oder 140 bekannten Zytokine.
Frage: Verfügt denn die klassische Medizin nicht über entsprechende Mittel, um Zytokine ebenfalls einzusetzen?
Dr. Jenaer: Natürlich, aber Zytokine werden in so hohen Dosen eingesetzt, dass sie zu schwerwiegenden Reaktionen führen. Dies kann zum Beispiel in bestimmten Fällen so gravierende Nebenwirkungen wie die Hepatisation der Lungenkapillare mit sich bringen. Es ist also äußerst wichtig, Zytokine ohne Nebenwirkungen für eine direkte Kommunikation mit dem Immunsystem einsetzen zu können. Die aufgenommenen Zytokine treten sofort mit den immunkompetenten Zellen der Mundhöhle in Kontakt, die die vom Zytokin übermittelte Botschaft verstehen und weiterleiten. Diese Botschaft beinhaltet eine immunologische Abwehrstrategie, die an den gesamten Organismus übermittelt wird.
Frage: Wie hat sich die Mikroimmuntherapie nach diesen Entdeckungen entwickelt?
Dr. Jenaer: Die Mikroimmuntherapie ist insgesamt der Entwicklung der Immunologie gefolgt. Die Entdeckung neuer Zytokine führte zu einer ständigen Erweiterung ihres Einsatzspektrums.
Frage: Viele Ärzte sind auf diese Therapie aufmerksam geworden. Was bedeutet es für Sie, Mikroimmuntherapeut zu sein?
Dr. Jenaer: Ich bin vor allem Mediziner. Die Mikroimmuntherapie setzt ein solides medizinisches Grundwissen voraus. Dies gilt für alle Disziplinen. Heute wird klar, dass das Immunsystem sämtliche Disziplinen der Medizin, sogar die Traumatologie und andere Fachbereiche betrifft, von denen man dies nicht erwarten würde. Zweitens: Die Mikroimmuntherapie muss offen und innovativ sein, sie muss das Immunsystem mit all seinen Feinheiten vollständig erfassen und verstehen. Und zuletzt: Homöopathie und Mikroimmuntherapie sollten nicht verwechselt werden. Obwohl die Mikroimmuntherapie zum pharmazeutischen Bereich der Homöopathie gezählt wird, unterscheidet sich ihr therapeutischer Ansatz grundlegend von dem der klassischen Homöopathie nach Hahnemann.
Frage: Was erwarten Sie in den nächsten Jahren?
Dr. Jenaer: Ich wünsche mir, dass die Mikroimmuntherapie immer bekannter wird…und allmählich immer grö_ere Anerkennung erfährt. Da die Mikroimmuntherapie im infinitesimalen Bereich arbeitet, wird sie in den Fachkreisen der klassischen Medizin häufig vorschnell abgelehnt. Dabei laufen alle Vorgänge in der Immunologie auf infinitesimaler Ebene ab. Ich bin davon überzeugt, dass die Mikroimmuntherapie einen festen Platz in der Medizin einnehmen wird, da sie mit ihrem überzeugenden Therapieansatz für sich selbst spricht. Besonders wichtig für die Verbreitung der Mikroimmuntherapie ist jedoch die Mund-zu-Mund-Propaganda unter Kollegen.